Die Gerüchte halten sich im politischen Berlin und in Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden schon länger: Die Sozialdemokraten ziehen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf. Gewählt wird in Hessen parallel zur Bayern-Wahl am 8. Oktober 2023.
Faeser dürfte als aktuelle Bundesinnenministerin die größte Bekanntheit haben. Gleichzeitig tritt sie anders als seinerzeit bspw. Andrea Ypsilanti nicht mit einem Linkskurs auf, was die SPD auch für potentielle CDU-Wählerinnen und Wähler wählbar machen dürfte. Gleichzeitig dürfte sie Landesvorsitzende der SPD Hessen eine Art ungeschriebenes Erstzugriffsrecht auf die Spitzenkandidatur haben.
Pikant wird die Entscheidung zur Spitzenkandidatur deswegen, weil damit auch die Frage verbunden ist, ob sie Bundesinnenministerium im Kabinett von Olaf Scholz bleibt. Die gemeinsam mit den Grünen regierende CDU schießt sich schon einmal warm: „Minister in diesen Zeiten und Kandidatin gleichzeitig geht nicht“, zitiert BILD bspw. den hessischen CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Stefan Heck, „Deutschland oder Hessen – Faeser muss sich entscheiden.“ Hecks Fraktionskollege Alexander Throm forderte für den Fall der Übernahme der Spitzenkandidatur Faeser zum Rücktritt als Bundesministerin auf.
Auch von den Koalitionspartnern der SPD im Bund kommen klare Ansagen. So sagte der stv. Bundestagsfraktionsvorsitzende der Grünen Konstantin von Notz dem Handelsblatt, dass ein Landtagswahlkampf als Spitzenkandidatin die ganze Person fordere – „genauso wie das Amt der Bundesinnenministerin – gerade in diesen Zeiten.“ FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki wurde von der Funke-Mediengruppe damit zititiert, dass das Bundesinnenministerium in diesen ernsten Zeiten keine geeignete Wahlkampfbühne sei.
Aktuell regiert in Wiesbaden eine Koalition aus CDU und Grünen. Ministerpräsident ist der Christdemokrat Boris Rhein. Er übernahm das Amt im Mai 2022 von Volker Bouffier, mit dem die CDU bei der letzten Wahl 2018 27,0 Prozent errang. Grüne und SPD kamen beide auf 19,8 Prozent. Die AfD landete bei 13,1 , die FDP bei 7,5 und die Linke bei 6,3 Prozent.
In der letzten Umfrage aus Oktober 2022 kam die CDU auf 27, SPD und Grüne auf je 22, die AfD auf 12 und die FDP auf 6 Prozent. Die Linke würde mit 3 Prozent nicht mehr im Landtag vertreten sein.
Für Bundeskanzler Olaf Scholz würde ein schneller Rückzug Faesers aus der Bundespolitik das Thema Geschlechterparität wieder auf die Tagesordnung bringen. Er hatte im Bundestagswahlkampf versprochen, ein Bundeskabinett unter seiner Führung hälftig mit Männern und Frauen zu besetzen. Mit dem Rücktritt von Christine Lambrecht als Bundesverteidigungsministerin und der Neubesetzung mit Boris Pistorius wurde damit gebrochen. Eine Neubesetzung des Bundesinnenministeriums mit einem Mann würde zu neuerlichen Debatten führen.
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