Spätestens nachdem die AfD im Landkreis Sonneberg die Landratswahl für sich entschieden hat, ist diese Verwaltungsposition deutschlandweit in aller Munde – auch dort, wo es gar keine Landrätinnen und Landräte gibt.
Was sind Landrätinnen und Landräte?
Landräte gibt es in allen knapp 300 Landkreisen in Deutschland. Das bedeutet auch: In kreisfreien Städten und den drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen gibt es sie nicht. Landräte haben die Leitung der Landkreisverwaltung inne und sitzen in der Regel dem Kreistag vor. Sie sind Wahlbeamte und dürfen nur Dinge entscheiden, für die ihr Landkreis zuständig ist und bei denen gleichzeitig die Entscheidungshoheit nicht beim Kreistag als Landkreisparlament liegt.
Wo gibt es die meisten Landräte?
Die meisten Landkreise gibt es mit 71 in Bayern – die wenigsten im Saarland und Mecklenburg-Vorpommern. In diesen Bundesländern gibt es jeweils sechs Landräte. Hierbei zeigt sich bereits die ungleiche Herangehensweise der Bundesländer: Während die Zahl der Landkreise im Saarland und Meckenburg-Vorpommern zwar gleich ist, unterscheiden sich Einwohnerzahl und Fläche deutlich.
Im Saarland leben weniger als eine Millionen Menschen, in Mecklenburg-Vorpommern gut 1,6 Millionen Und betrachtet man die Größe, so würde das Saarland rund neun mal in das Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern passen. Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen hat übrigens mit 31 weniger als halb so viele Landkreise wie Bayern. Auch Niedersachsen (mit 37 Landkreisen) und Baden-Württemberg (mit 35 Landkreisen) „leisten“ sich mehr Landkreise als Nordrhein-Westfalen.
Eine Übersicht über alle Landkreise und Landräte findet sich auf der Seite des Deutschen Landkreistages.
Wie werden Landräte gewählt?
In den Bundesländern Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein werden die Landräte vom Kreistag mit absoluter Mehrheit (ggf. in einer Stichwahl) gewählt. Es gibt dort also keine Publikumswahlen.
In Brandenburg werden Landräte von den Wahlberechtigten des Landkreises gewählt, müssen aber neben der absoluten Mehrheit (ggf. in einer Stichwahl) auch mindestens 15 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten erhalten. Wird das Quorum nicht erreicht, wählt der Kreistag.
In Berlin, Hamburg und Bremen gibt es keine Landräte. In allen anderen Bundesländern erfolgt die Wahl durch Publikumswahlen mit absoluter Mehrheit, so dass es ggf. auch zu einer Stichwahl kommt. Die Ausnahme ist Sachsen. Dort können in einem zweiten Wahlgang alle Bewerberinnen und Bewerber aus dem ersten Wahlgang noch einmal antreten und es genügt eine einfache Mehrheit.
Für wie lange werden Landräte gewählt?
Die Amtszeit von Landräten unterscheidet sich je nach Bundesland. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sind es 5 Jahre. In Bayern, Hessen und Thüringen amtieren Landräte 6 Jahre. Die Menschen in Sachsen und Sachsen-Anhalt wählen für 7 Jahre und ihre Nachbarn in Brandenburg für 8 Jahre. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bleiben Landräte auch 8 Jahre im Amt – im Saarland sogar 10 Jahre.
In Mecklenburg-Vorpommern ist die Amtszeit in den Hauptsatzungen der Landkreise geregelt – es müssen mindestens 7 und dürfen höchsten 9 Jahre sein. Gleiches gilt in Schleswig-Holstein – allerdings mit einem Zeitraum von 6 bis 8 Jahren.
Wie alt muss man sein, um Landrat werden zu können?
Während für viele Wahlen ein Mindestalter von 18 Jahren gilt, um gewählt werden zu können, ist das bei Landräten teils anders. Ein Mindestalter von 18 Jahren gilt nur in Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. In Thüringen und Sachsen-Anhalt sind es 21 Jahre. Um Landrat in Niedersachsen, NRW oder Rheinland-Pfalz werden zu können, muss man 23 Jahre alt sein. In Brandenburg und im Saarland ist ein Mindestalter von 25 Jahren erforderlich. In Sachsen sind es 27 Jahre und in Baden-Württemberg sogar 30 Jahre.
Gibt es ein Höchstalter?
In den meisten Bundesländern orientiert sich das Höchstalter für Landräte an beamtenrechtlichen Anfordernissen. Das bedeutet, dass man als Landrat teils nicht mehr kandidieren darf, teils auch in einer laufenden Amtsperiode in Ruhestand gehen muss. Die Grenzen liegen zwischen 60 und 67 Jahren, in den meisten Ländern bei 65 Jahren.
Wie läuft ein Landratswahlkampf?
Die Aufmerksamkeit für einen Landratswahlkampf wie in Sonneberg ist eine Ausnahme. In der Regel laufen die Wahlen – sofern Publikumswahlen stattfinden – ohne überregionale Aufmerksamkeit ab. Auch kommt es oft vor, dass nicht alle größeren Parteien eigene Kandidatinnen und Kandidaten ins Rennen schicken – insbesondere dann nicht, wenn es Amtsinhaber gibt, die erneut kandidieren und in der Bevölkerung ein hohes Maß an Zustimmung haben. Auf der anderen Seite erhoffen sich kleinere Parteien teils zusätzliche Aufmerksamkeit – insbesondere dann, wenn in kurzem Abstand zu einer Landratswahl eine andere, als wichtiger angesehene Wahl stattfindet. Hintergrund: In vielen Städten und Gemeinden dürfen bspw. nur Kandidierende Wahlwerbung (bspw. mit Plakaten) betreiben. Für alle anderen gelten die jeweiligen Restriktionen und nicht selten auch Gebührenpflichten aus den kommunalen Regelungen zur Sondernutzung des öffentlichen Raumes. Da kann es ggf. sinnvoll sein, sich mit einer Kandidatur die Möglichkeit für Präsenz im öffentlichen Raum zu schaffen.
Zwar erzeugen Landratswahlen weniger Aufmerksamkeit, aber der Wahlkampf ist mit anderen vergleichbar. Plakate, Flyer, Anzeigen, Social Media Kampagnen, Infostände, Wahl-Zeitungen und Postwurfsendungen, Haustürwahlkampf, Internetseite… All das findet man auch bei Landratswahlen. Wobei sich Parteien und Kandidaten dabei oft deutlich früher die Frage stellen, was in einem passenden Kosten-Nutzen-Verhältnis steht. Das gilt umso mehr, wenn die Teilnahme nicht den Gewinn, sondern die Präsenz zum Ziel hat.
Können Landräte abgewählt werden?
Mit Ausnahme von Baden-Württemberg und Bayern können Landräte auch abgewählt werden. In Schleswig-Holstein erfolgt dies durch den Kreistag, der den Landrat auch wählt (siehe oben) in zwei Abstimmungen, bei denen eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist.
In den meisten Bundesländern wird ein Abwahlverfahren durch den Kreistag mit 2/3-Mehrheit eingeleitet. In Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt braucht es sogar eine 3/4-Mehrheit des Kreistages. In einigen Bundesländern kann ein Abwahlverfahren neben dem Kreistag auch durch die Bürgerschaft gestartet werden. In Sachsen müssten sich 1/3 der Wahlberechtigten dafür aussprechen. In NRW und Brandenburg reichen 15 Prozent der Wahlberechtigten.
Nach der erfolgreichen Einleitung eines Abwahlverfahrens haben dann die Wahlberechtigten das Wort – bzw. die Stimme. Eine einfache Mehrheit ist jedoch in den meisten Bundesländern nicht ausreichend. Es muss i. d. R. auch ein Quorum der Wahlberechtigten zusätzlich erreicht werden. Die geringste Hürde gibt es in Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen: Die Mehrheit für eine Abwahl muss gleichzeitig mehr als 25 Prozent der Wahlberechtigten sein. Die höchste Hürde hat Sachsen, wo 50 Prozent der Wahlberechtigten erforderlich sind. Und um bei Thüringen zu bleiben: Hier könnte der Kreistag mit 2/3-Mehrheit ein solches Verfahren einleiten und dann müssten bei einer Abstimmung die Mehrheit für eine Abwahl gleichzeitig mehr als 30 Prozent der Wahlberechtigten sein.
Dass auch ein solches Abwahlverfahren zu einem Wahlkampf führen kann, hat die Abwahl des Oberbürgermeisters in Frankfurt a. Main gezeigt. Denn durch die Hürde der Quoren braucht es eben nicht nur eine prozentuale Mehrheit, sondern auch viele Stimmen.
Wie verteilen sich die Landräte auf die Parteien?
Die meisten Landkreise werden von Landrätinnen und Landräten von CDU, CSU oder SPD geführt. Während es in Bayern eine relevante Zahl parteiunabhängier Landräte gibt, ist dies außerhalb des Freistaates im Süden nur noch vereinzelt der Fall. Darüber hinaus stellen die Grünen mit Jens Marco Scherf im bayrischen Landkreis Miltenberg und Anna Kebschull im niedersächsischen Landkreis Osnabrück zwei Landräte. Bei der Linkspartei ist Kornelia Wehlan im brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming die einzige Landrätin. Bei der AfD wurde jüngst im thüringischen Landkreis Sonneberg Robert Sesselmann gewählt. Die FDP stellt zwar in Jena und Dresden zwei Oberbürgermeister in Großstädten – aber derzeit keine Landräte.
Was verdienen Landräte?
Landräte sind Beamte auf Zeit. Ihre Besoldung regeln die Bundesländer in eigener Verantwortung. Zumeist werden sie in eine Besoldungsgruppe zwischen B5 und B7 eingestuft. Dies ist abhängig von der Einwohnerzahl des Landkreises. Für den genauen Betrag greifen dann die Besoldungstabellen der Bundesländer. Die Besoldungsgruppe B5 liegt bei rund 10.000 Euro monatlich, B7 bei etwas über 11.000 Euro – ggf. zuzüglich Kinder- und Ehe-Zuschlag.