Immer weniger Bündnis 90 bei den Grünen

Im bei der Bundeswahlleiterin geführten Verzeichnis der Parteien und politischen Vereinigungen steht mit laufender Nummer 14 „BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN“ (alles in Großbuchstaben) und die zugehörige Kurzbezeichnung „GRÜNE“ (auch komplett in Großbuchstaben).

Als Logo nutzen die Grünen eine zweizeilige Darstellung des Wortmarkenteils, ergänzt um die bekannte Sonnenblume und einen hellblauen Unterstrich unter den Buchstabenteil.

Ausweislich des aktuellen Corporate Design Handbuchs der Grünen (als PDF downloadbar auf dem Corporate Design Portal der Partei) heißt es, dass die Wortmarke ohne Sonnenblume nur genutzt werden darf, wenn keine Möglichkeit besteht, „das Logo in seiner ursprünglichen Form zu drucken“.

Auch der Einsatz der Sonnenblume ohne Schriftzusatz, ist die Ausnahme – gedachte für besondere Situationen, in denen man bewusst auf das Logo verzichtet. Als Beispiel werden Demonstrationen im Handbuch genannt. Im Handbuch werden jedoch auch Freecards oder Profilbilder in Sozialen Netzwerken nur mit Sonnenblume statt vollständigem Logo gezeigt.

2023 ohne Bündnis 90 in Wahlkämpfen

Bei den diesjährigen Wahlen in Berlin und Bayern verzichtet die Partei in ihren Kampagnengestaltungen weitgehend auf das komplette Logo und nutzt stattdessen die Sonnenblume als Logo – in Berlin darüber hinaus mit einem zum Igel abgewandelten Innenbereich der Sonnenblume. In Bayern wird der Bildmarke teils die Domain GRÜNE-BAYERN.DE in der sonst nur für das Logo genutzten Schriftart Futura Condensed Extra Bold beiseite gestellt. In Berlin hingegen war der Absender auf Plakaten nirgendwo ausgeschrieben.

Einen besonderen Weg ging die Partei in Hessen: Dort setzt man auf eine eigene Kreation der Wortmarke mit Landeslöwe. Optisch getrennt wird dann eine große angeschnittene Sonnenblume in Gestaltungen integriert. Dabei fällt der Namensteil „Bündnis 90“ weg:

Auch auf der Webseite der Hessischen Grünen ist – außer im Impressum – keine Rede mehr von „Bündnis 90“, sondern nur noch von den Grünen. Auch in Bayern findet sich auf der Webseite im Titel nur noch GRÜNE BAYERN. Gleiches Bild bspw. in NRW und Hamburg.

Alle drei setzen bei ihren Webseiten auf WordPress mit dem Theme „Joseph knows best„, wobei der Name eine Anlehnung an den Künstler und Mitgründer der Partei Joseph Beuys sein dürfte.

2013 neues Logo auf Parteitag ohne Mehrheit

Damit kommt möglicherweise auch eine Debatte von vor zehn Jahren wieder auf. Auf ihrem Parteitag im November 2013 wollte die Parteiführung um Claudia Roth und Cem Özdemir der Partei ein neues Logo verpassen. Bei einer Handzeichenabstimmung zeigten sich die Delegierten wenig begeistert und etwa die Hälfte lehnte das neue Logo ab. Um einen Eklat zu vermeiden, zog die Parteispitze das neue Logo kurzerhand zurück und man blieb beim alten, wie Focus berichtete. Die vom Team der Bundesgeschäftsstelle unter der damaligen Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke vorbereiteten Gestaltungen auf dem Parteitagsareal wurden kurzerhand abgehängt. Ein wesentlicher Knackpunkt damals: „Bündnis 90“ wurde sehr viel kleiner dargestellt als „Die Grünen“.

Der Namensteil „Bündnis 90“ geht dabei auf ebendiesen aus der ostdeutschen Bürgerrechtsbewegung stammenden Zusammenschluss zurück. Unter dem Namen „Bündnis 90“ trat zur ersten freien Volkskammerwahl im März 1990 eine Listenverbindung aus Neuem Forum, Demokratie Jetzt und anderen an. 1991 wurde der Zusammenschluss zu einer Partei umgewandelt, die dann 1993 mit den westdeutschen Grünen zu dann „Bündnis 90/Die Grünen“ fusionierte. Zu dieser Zeit saßen keine westdeutschen Grünen im deutschen Bundestag, denn die Partei scheiterte bei den gesamtdeutschen Bundestagswahlen im Herbst 1990 an der 5-Prozent-Hürde. Da jedoch das Ergebnis im Osten bei 6,6 Prozent lag, zogen die rechnerisch darauf entfallenden 8 Abgeordneten in den Bundestag ein und sicherten der Partei die Präsenz im Bonner Wasserwerk. Vier Jahre später steigerte die dann bereits fusionierte Partei ihr Ergebnis auf 7,3 Prozent – was 49 Abgeordneten aus der gesamten Republik entsprach.

Es bleibt abzuwarten, wie die Grünen zukünftig mit ihrem Namen und ihrem Logo umgehen. Während es im Westen den Mitgliedern sicher leichter fallen dürfte, auf „Bündnis 90“ zu verzichten, gibt es im Osten weiterhin viele Mitglieder, die sich auch in der Tradition der Bürgerrechtsbewegung sehen. Auf der anderen Seite verzichtet die Partei in Mecklenburg-Vorpommern auf ihrer Webseite auch auf den Parteinamen, nutzt die Sonnenblume und den Zusatz „MV“. Das allerdings nicht mehr in grün gehaltener Optik, sondern in einem dunklen Blauton…

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