Für Parteien, Kandidatinnen und Kandidaten sind Wahlprüfsteine Fluch und Segen zugleich.
Ein Fluch sind diese gebündelten Fragenkataloge von Interessenvereinen und -gruppen, Initiativen oder mitunter auch Firmen deswegen, weil deren Beantwortung sehr viel Zeit in Anspruch nimmt – und ein Blick ins Wahlprogramm mitunter gereicht hätte, um eine Antwort zu erhalten.
Ein Segen sind sie deswegen, weil gerade kleinere Parteien durch die übersichtliche Gegenüberstellung der Antworten aller Parteien eben auch allen eine Plattform bieten – erst recht in einem Umfeld, dass sich für die beantworteten Fragen und Themen interessiert. Und natürlich lassen sich gewählte Personen nach der Wahl auch mit den Antworten von vor der Wahl konfrontieren.
In der Vergangenheit trieb der Umgang mit Wahlprüfsteinen jedoch immer illustre Blüten: Kandidaten berichten von Zeichenbegrenzungen und an der Grenze hart abgeschnittenen Antworten in der Veröffentlichung. Auch geschlossene Fragen mit Ja/Nein als einziger Antwortmöglichkeit und Nichtveröffentlichung von Begründungen gab es bereits. Fragenkataloge im dreistelligen Bereich nebst eingeräumter Antwortzeit von wenigen Tagen sind ebenso überliefert. Auch Massenmails an alle Kandidaten statt einem Schreiben an die Landesgeschäftsstelle gab es häufiger.
8 Fragen á 300 Zeichen
Zur Landtagswahl in Bayern haben sich die demokratischen im Landtag vertretenen Parteien auf ein einheitliches Vorgehen beim Umgang mit diesen Wahlprüfsteinen geeinigt und auf ihren Webseiten Formularseiten freigeschaltet (CSU, Grüne, FW, SPD, FDP). Seit April können über diese Seiten Fragen eingereicht werden, seit Mitte Juni erfolgt der Versand der Antworten. Bis zu acht Fragen können gestellt werden, die Zeichenzahl ist auf 300 pro Frage begrenzt. Die Parteien streben eine Antwort innerhalb von vier Wochen an. Und: Anfragen von Untergliederungen oder regionalen Verbänden werden nicht beantwortet, sondern es wird auf die Anfrage der Landesebene verwiesen. So soll verhindert werden, dass die gleichen oder ähnlich lautende Fragen vom Interessenverband Bayern und zusätzlich von seinen lokalen Gliederungen – und damit mehrfach – gestellt werden.
Schluss mit der Annahme der Fragen der Wahlprüfsteine ist für Parteien in Bayern am 31. August 2023 – also sechs Wochen vor der Wahl.
Zur parallel stattfindenden Landtagswahl in Hessen gibt es ein solches gemeinsames Vorgehen der Parteien nicht.