Die Stadt Nürnberg hat am 1. Mai bestätigt, dass sie 25 Plakate der türkischen AKP bzw. für den AKP-Kandidaten zur türkischen Präsidentschaftswahl, Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan, genehmigt hat.
Sondernutzungssatzungen gelten nicht nur für deutsche Parteien
Wer genau hinsieht, erkennt ein Datum und einen Ort in Nürnberg. Konkret handelt es sich dabei um den Ort, an dem Wahlberechtigte für die türkischen Präsidentschaftswahl in Nürnberg ihre Stimme abgeben können, sowie den Zeitraum der Öffnung des Wahllokals.
Ist in der jeweils lokal gültigen Sondernutzungssatzung, Wahlwerbesatzung o.ä. eine Werbung für Veranstaltungen ausländischer Parteien oder zur Stimmabgabe bei ausländischen Wahlen nicht explizit ausgeschlossen, bleibt lokalen Behörden nichts anderes übrig, als diese (Wahl-)Werbung zu genehmigen. Denn: In kommunalen Satzungen enthaltene Regelungen sind einklagbar.
Um solche Form der Sondernutzung auszuschließen, müssten die Satzungen angepasst und Werbung für ausländische Wahlen oder für Kandidierende bei Wahlen im Ausland explizit ausgeschlossen werden. In den meisten Gemeinden ist dies jedoch nicht der Fall. Allerdings können sich ausländische Parteien nicht auf Sonderregeln für Parteien (bspw. in sog. Wahlwerbesatzungen) berufen, denn diese werden meist nur denjenigen Parteien und Kandidierenden eingeräumt, die für Wahlen in Deutschland kandidieren.
Ein Haken bleibt jedoch: Nicht jedes Plakat ist eine Sondernutzung, die extra genehmigt werden muss. Belegt man eine normale Werbefläche, auf der im 10- oder 14-tägigen Wechsel für alles mögliche von Sprudelwasser über Musikkonzerte bis zur Dating-App geworben wird, ist eine Belegung für eine ausländische Wahl zulässig – allerdings auch deutlich teurer als 25 Plakate im Format DIN A1.
Wahlwerbung im Ausland ist nicht ungewöhnlich
Die AKP und ihr in Deutschland nicht unumstrittener Präsidenten betreten mit Plakatwerbung im Ausland keinesfalls Neuland. So warb die SPD zur Bundestagswahl 2021 mit Plakaten auf Mallorca – für manche zwar sprichwörtlich das 17. Bundesland, aber bekanntlich Teil Spaniens.
Interessant sind im Zuge des türkischen Präsidentschaftswahlkampfes überdies auch die Orte der Stimmabgabe. So ist auf den Plakaten in Nürnberg nicht das dortige Generalkonsulat genannt, sondern ein gänzlich anderer Ort. Geht man die Liste der Wahllokale in Deutschland durch, so sind darunter auch mehrere Gebäude, die sich in öffentlicher Hand befinden – in Hannover bspw. die Messehalle 1 der Deutschen Messe AG. Gesellschafter der Messegesellschaft sind das Land Niedersachsen, die Stadt Hannover sowie die Region Hannover. Anders als bei dem einklagbaren Recht auf Sondernutzung im öffentlichen Raum besteht für Unternehmen – egal, ob privat oder öffentlich – keine Pflicht zur Vermietung oder Erlaubniserteilung.
Dass die Frage der Orte für die Stimmabgabe offenbar Gegenstand umfangreicher diplomatischer Debatten war, darüber berichtet die ZEIT. Hiernach hat die Bundesregierung zahlreiche Wahllokale verhindert.
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