Das war die erste Kandidaten-Debatte der US-Republikaner

Das war eine Debatte, die den Namen verdient. Wer erwartet hatte, dass bei einer Runde von acht Personen eher langweilige Referate und vorgefertigte Statements kommen würde, wurde enttäuscht. Diese Vorwahl-Debatte der US-Republikaner war richtig munter. Der Frau und den sieben Männern war anzumerken, dass hier um einiges für sie geht und sie waren (fast) durchweg gewillt, die Herausforderung anzunehmen und mit offenem Visier in den Infight zu gehen.

Pence und die Verfassung

Dabei war klar, dass sie alle ihre besonderen Stärken herausstellen würden. Mike Pence, Vizepräsident unter Donald Trump, setzt auf die Erfahrung im Weißen Haus. Jedoch lastet ihm – aus Sicht der Republikaner – der Makel an, Joe Biden vereidigt zu haben. Er verweist auf die Verfassung und darauf, dass auch die aktuelle Vizepräsidentin Kamala Harris von den Demokraten Anfang 2025 den dann gewählten Republikaner als Präsident vereidigen würde. Dennoch: Sich an die Verfassung gehalten zu haben, kommt bei den Republikanern im Saal nicht so gut an.

Ramaswamy mit Rückenwind

Vivek Ramaswamy, multimillionenschwerer Unternehmen, mit 38 Jahren der Jüngste im Feld und ohne politische Erfahrung, hat in den letzten Wochen in den Umfrage sich auf ein Niveau mit Ron DeSantis – und damit auf die Verfolgerposition hinter Trump – gekämpft. Er stand besonders unter Feuer von den anderen Bewerbern: zu jung, keine Erfahrung – und das hätten die USA ja schon einmal mit Barack Obama erlebt. Er sei eher sowas wie ChatGPT. Das sitzt und zeigt, wie ernst die anderen sieben Ramaswamy mittlerweile nehmen. Spannend auch, dass der Sohn indischer Einwanderer auf die Frage, wer in der Runde eine Nominierung von Donald Trump durch die Republikaner unterstützen würde, als erster und ohne zu Zögern die Hand hob. Mit etwas Bedenkzeit folgten mit Ausnahme von Asa Hutchinson alle anderen.

DeSantis lahmt

Ein besonderes Augenmerk galt Ron DeSantis. Der Gouverneur von Florida hatte mit einem fulminanten Ergebnis erst seine Wiederwahl gesichert, sich lange Zeit zur Verkündung seiner Präsidentschaftskandidatur gelassen, war aber sodann mit Umfrageergebnissen um die 30% nah auf dem Niveau von Trump ins Rennen eingestiegen. Lange galt er als soetwas wie ein Donald Trump in jung und clever. Davon ist nicht mehr viel übrig. Binnen eines Monats haben sich seine Umfragewerte auf nur noch knapp zweistellig halbiert. In der Debatte lief es für DeSantis nicht schlecht – aber es war dennoch weit weg von einem Befreiungsschlag.

Wenig Rückenwind dürfte es auch für Burgum, Hutchinson und Scott gegeben haben. In der Nachberichterstattung finden sie faktisch nicht statt. Dies gilt auch für Chris Christie, der lediglich mit dem ChatGPT-Vergleich gegenüber Ramaswamy und dem Hinweis, dass er als konservativer Republikaner die Wahl als Gouverneur in einem sog. „blauen Staat“ (damit werden von Demokaten regierte Staaten oder gewonnene Wahlkreis markiert) mit 61% gewonnen hätte. Stimmt aber auch nur so halb, weil das das Ergebnis seiner Wiederwahl 2013 zur zweiten Amtszeit in New Jersey war. Seine erste Gouverneurswahl 2009 gewann er mit 49,5% alles andere als klar.

Haley präsent

Stark präsent war überdies Nikkey Haley, die einzige Frau in der Runde, die auch optisch auffiel. Während die sieben Männer alle in dunklen Anzügen, weißen Hemden und roten Krawatte (rot ist sei 2000 die Parteifarbe der Republikaner) auf der Bühne standen, war Haley in hellem graublau stets zu erkennen. Ein nicht unwichtiger Vorteil, wenn es um grundsätzliche und wahrnehmbare Präsenz geht. Haley gab sich beim Thema Abtreibung für republikanische Verhältnisse moderat und pragmatisch, indem sie Pence, der auf 70% der Amerikaner verwies, die gegen Abtreibung seien, dass es im Senat aber keine 70% Abtreibungsgegner geben würde und deswegen Bundesregelungen nicht durchsetzbar sind.

Hier zeigt sich jedoch, ein Dilemma in der gesamten Debatte: Einerseits bewerben sich die acht um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten, worüber alle Amerikanerinnen und Amerikaner entscheiden. Auf dem Weg dahin brauchen sie jedoch die Nominierung der Republikanischen Partei. Und um die zu erreichen, brauchen Sie relevantes Spendenaufkommen und steigende Umfragewerte. Das gibt es mit klarer konservativer Haltung. Die könnte jedoch in der eigentlichen Auseinandersetzung gegen die Demokraten mit – sehr wahrscheinlich – Joe Biden als Kandidat bei unentschlossenen Wählern eher hinderlich sein – zumindest sind radikale Ansichten immer ein Anlass für die andere Seite, dagegen zu argumentieren.

Das sagen Kommentatoren

Spannend zu sehen, wie Kommentatoren die Debatte einschätzen: So sieht Reuters vier Erkenntnisse aus der ersten Debatte, die Tagesschau sogar fünf. Die konservative Kommenatoren sieht Carol Swain sieht Ramaswamy als klaren Gewinner der Debatte – er wäre daher ein großartiger Vizepräsident unter Trump oder DeSantis. Die anderen sollten ihre Sachen passen und nach Hause gehen.

In der Deutlichkeit der Reaktionen sind die US-Amerikaner – egal ob Kommentatoren oder Politiker – den Deutschen ohnehin weit enteilt. Fox News lässt verschiedene u.a. auf seiner Webseite zu Wort kommen. NBC macht direkt eine einstündige Sondersendung von „Meet the Press“ daraus:

Es bleibt abzuwarten, wer sich für Debatte 2 qualifiziert. Wir rechnen sicher mit DeSantis und Ramaswamy. Haley dürfte von einer überdurchschnittlichen Unterstützung von Frauen und Scott von einer überdurchschnittlichen Unterstützung aus der Schwarzen Community in Runde 2 getragen werden. Fragezeichen sehen wir bei Pence, der in der Partei offenbar wenig beliebt ist, und Christie. Burgum und Hutchinson dürften aufgrund der Umfragewerte und möglicherweise auch des Spendenaufkommens nicht mehr in Runde 2 auf dem Podium stehen. Auch für diejenigen Bewerber, die in Runde 1 nicht dabei waren, dürfte es aufgrund der fehlenden Präsenz nahezu unmöglich sein, noch einmal ein Mindestmaß an Bedeutung zu erzielen, so dass von den ehemals 18 Bewerbern Ende September nur noch ein Drittel übrig ist.

Das nächste Duell am 27. September in Simi Valley, Kalifornien, statt. Neben Fox werden dann die eher in konservativen Kreisen beliebe Online-Videoplattform Rumble und das spanisch-sprachige TV-Network Univision Co-Gastgeber sein. Über eine mögliche dritte Runde wird diskutiert.

Stand heute wäre für Trump eine Teilnahme an Runde 2 tabu, da er sich weigert die Loyalitätserklärung zu unterzeichnen. In dieser verpflichten sich die Kandidaten u.a., die final nominierte Person zu unterstützen.

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